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Am Brunnenrand sitzt ganz gebannt
der Froschkönig samt Krone.
Mit goldner Kugel in der Hand
tanzt 's Mädchen - oben ohne!
Die Braut ist ziemlich gut gebaut.
Das Fröschlein transpiriert
und hätt noch ewig zugeschaut,
jedoch die Jungfrau friert.
Der Zufall will 's - die Maid entdeckt
den unliebsamen Späher,
wodurch ihr Unmut ward geweckt.
Jetzt kommt sie sehr schnell näher.
Vom Brunnenrand ertönt Gesang:
"So groß ist meine Liebe…"
Das Königskind behände schwang
die Kugel, nun drohn Hiebe.
Das Fröschlein sieht - die Kugel fliegt
und fühlt sich schon zermatscht.
Doch hat es sie nicht abgekriegt,
das Brunnenwasser klatscht.
Der Schreck ist groß - das Mädel heult,
die Kugel scheint verloren!
Des Frosches Krone ward verbeult,
doch er ist neu geboren!
Das Fröschlein meint: "Das Spielzeug scheint
sehr wertvoll dir zu sein.
Schenk mir 'ne Nacht - innig vereint,
dann wird sie wieder dein."
Nebst Kugel fiel wohl die Moral
ins Wasser mit hinein.
Mit Frosch im Bett - welch Ekelqual,
jedoch - sagt sie nicht nein.
Die Nacht ist klar, der Mond scheint hell.
Die Kröte liegt bereit.
"Zur Sache meine Schöne - schnell!"
Das Königskind - es schreit.
Die Glut der Wut erwacht im Blut
der Jungfrau - die 's noch war.
"Der Übermut tut dir nicht gut!
Ich klatsch dich auf - na klar!"
Den Grünling packt die feste Faust,
trainiert vom Kugelspiele,
worauf er schon zur Mauer saust,
trifft auf - und rutscht gen Diele.
Kein Prinz erwacht an diesem Ort,
von wegen - frohe Wende.
Der Frosch ist Brei - die Kugel fort.
Das Märchen ist zu Ende.
© 2006 by Dr. Steffen Heinig
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